Im Herbst 1539 bekommt Martin Luther einen Brief, der ihn fast zum Wahnsinn treibt. Einer der eifrigsten Verfechter der Reformation bittet ihn darin um einen schier unmöglichen Gefallen:
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Im Herbst 1539 bekommt Martin Luther einen Brief, der ihn fast zum Wahnsinn treibt. Einer der eifrigsten Verfechter der Reformation bittet ihn darin um einen schier unmöglichen Gefallen: Landgraf Philipp von Hessen, Luthers wichtigster Verbündeter, will die Zustimmung zu einer Doppelehe! Zur Rechtfertigung seines unmoralischen Ansinnens, das einem Sakrileg gleich kommt, benutzt er die Geschichte vom „zweibeweibten“ thüringischen Grafen von Gleichen aus der Zeit der Kreuzzüge. Dieser, so schreibt Philipp, habe im 13. Jahrhundert, nachdem ihm eine orientalische Sultanstochter zur Flucht aus muslimischer Gefangenschaft verholfen habe, den Segen des Papstes erhalten für eine Doppelehe mit Gräfin Ottilia und seiner Retterin. Schweren Herzens und unter politischem Druck ringen sich Luther und Melanchthon dazu durch, ihrem wichtigsten Mitstreiter die Bitte zu gewähren. In einem Brief bitten sie Philipp jedoch, Stillschweigen über das Agreement zu bewahren. Melanchthon nimmt an der Trauung teil, Luther bleibt ihr vorsichtshalber fern. Für die Gegner der Reformation aber ist die Sache, die natürlich durchsickert, ein gefundenes Fressen. Philipps von Luther abgesegnete Bigamie hätte die Reformation und ihre Glaubwürdigkeit beinahe zum Scheitern gebracht … (Text: mdr)