ZDF-History
Das Fernsehen und die Einheit: Antenne West (2006x34)
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Mit sächsischer Schlitzohrigkeit bauten Dresdner Ingenieure zu DDR- Zeiten eine 25 Meter hohe Antenne und verbanden mit Kabelresten zahlreiche Haushalte. So hatten die Bewohner von Dresden-Hellerau im "Tal der Ahnungslosen" Ende der 80er Jahre besten Westfernseh- Empfang. Die selbstgebastelte "West-Antenne" lieferte - anders als die SED-Propaganda - unzensierte Informationen und Bilder aus der verschlossenen westlichen Welt. Die Staatsicherheit bekämpfte das ZDF unter dem Codenamen "Bagage" als Feindsender. Seit Mitte der siebziger Jahre lieferten ZDF- Korrespondenten mit ihren Berichten aus dem ostdeutschen Alltag ein Gegenbild zur Propaganda der DDR. Ungezählte DDR-Bürger gerieten wegen des Empfangs von Westfernsehsendungen mit dem politischen Strafrecht der DDR in Konflikt. Andreas Schmidt aus Crimmitschau wurde zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, weil er Kontakt zum ZDF-Büro DDR aufgenommen hatte, um seine Ausreise zu ermöglichen. Ihm war von der Stasi vorgehalten worden, mit seinem Kontakt "zu den Verbrechern vom ZDF zu helfen, den dritten Weltkrieg vorzubereiten". Der langjährige DDR-und Osteuropa-Korrespondent des ZDF, Joachim Jauer, belegt mit dieser Dokumentation, dass in der Auseinandersetzung zwischen der "Diktatur der Arbeiterklasse" und dem "unkontrollierbaren, grenzüberschreitenden Medium Fernsehen" ZDF und ARD als Sieger hervorgingen. Das ZDF berichtete über die Öffnung des "Eisernen Vorhangs" durch Ungarn Anfang Mai 1989. Wochen später registrierte die Staatssicherheit Zehntausende meist junge DDR- Bürger, die über Budapest in den Westen flüchten wollten. Und die Proteste der Leipziger Montagsdemonstration übertrug das Westfernsehen in die ganze DDR. Der Liedermacher Wolf Biermann, den das SED-Regime 1976 ausgebürgert hatte, antwortet auf die Frage, wie sich der DDR-Sozialismus 40 Jahre ohne Westfernsehen entwickelt hätte: "Wahrscheinlich wären die heute noch an der Macht."